[Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/123047]
Am 3. Oktober 2013 ertranken 366 Menschen bei einem der größten Schiffsunglücke vor Lampedusa. In der Folge gab es viele Reden, viele Krokodilstränen und (leere) Versprechungen. Bittere Bilanz in diesem Jahr: Allein im Sommer 2014 sind ca. 3000 Menschen im Mittelmeer ertrunken.
In der Woche vom 03.10. bis 10.10.2014 soll europaweit an das Unglück vor Lampedusa erinnert werden. Wir wollen der Toten gedenken und diejenigen anklagen, die mitverantwortlich für das Elend derer sind, die vor Krieg und Verfolgung flüchten.
Diejenigen, die die gefährliche Reise überstehen, die oft Jahre dauert, sind aber in Europa noch lange nicht in Sicherheit. In den sog. Außenstaaten, Bulgarien, Ungarn, Griechenland, Malta, Italien, etc. landen viele von ihnen in völlig überfüllten Lagern, werden inhaftiert und misshandelt, sind obdachlos und ohne medizinische Versorgung. Viele wollen dort auch gar nicht bleiben, sondern weiterreisen in Länder, in denen sie Verwandte oder Freunde haben, in Länder, deren Sprache sie sprechen.
Dann aber greift die sog. Dublin-Regelung, die dafür verantwortlich ist, dass jedeR sein/ihr Asylverfahren dort durchführen muss, wo er/sie zuerst europäischen Boden betreten hat. „Ihr kickt uns durch Europa wie einen Fußball“, so hat es ein betroffener Flüchtling einmal beschrieben.
Eine zentrale Rolle hierbei spielen in Hessen die jeweiligen Regierungspräsidien mit ihren ‚Zentralen Ausländerbehörden‘. Sie sind verantwortlich für die sog. „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“, also für Abschiebungen, und die Lebensbedingungen von „vollziehbar ausreisepflichtigen“ Personen.
Deshalb wollen wir vor dem Regierungspräsidium Darmstadt, als einer dieser Stellen protestieren. Hier sitzen Mitarbeiter_innen, die ganz offensichtlich einen besonderen rassistischen Verfolgungseifer an den Tag legen. Keine Kosten sind ihnen zu hoch sind, um mit allen Mitteln eine unmenschliche Abschiebepolitik durchzusetzen.
Dazu zwei Beispiele aus der letzten Zeit:
In Verantwortung der ersten Grünen Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid wurde im Juni ein Charterflugzeug gemietet, besetzt mit Polizisten und Ärzten, um drei junge eritreische Männer nach wochenlanger Abschiebehaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit nach Italien abzuschieben. Die drei hatten dort unter den schlimmsten Bedingungen überlebt, ohne Obdach, ohne ausreichende Nahrung, ohne medizinische Hilfe. Das alles nach einer traumatischen Flucht durch die Wüste, durch Libyen und über das Mittelmeer. Die Mitarbeiterin Frau Götz hat mit ihrem Einsatz dafür gesorgt, dass die Menschen, die in Deutschland ihr Recht auf Asyl wahrnehmen wollten, gewaltsam außer Landes geschafft wurden.
Die Bedingungen in Italien sind bekannt, seit Jahren schon. Einige Gerichte, auch das Verwaltungsgericht Darmstadt, haben die Abschiebungen nach Italien in vielen Fällen ausgesetzt, da die Behandlung der Flüchtlinge dort selbst den EU-Richtlinien nicht entspricht. In kurzen Worten: Italien bedeutet für die meisten Flüchtlinge Hunger, Obdachlosigkeit und rassistische und sexistische Übergriffe.
Im November 2013 engagierte sich der Abteilungsleiter Herr Ehrhardt ganz besonders. Mit hohem persönlichem Einsatz, sogar am Wochenende, bemühte er sich um die Abschiebung einer chinesischen Familie, die seit über 10 Jahren in Deutschland lebt und deren 3 Kinder in Deutschland geboren sind. Wegen mehrfacher Verstöße gegen die dortige Ein-Kind-Politik droht der Mutter bei einer Abschiebung nach China die Zwangssterilisation und der gesamten Familie Verfolgung und Ausgrenzung. Nur aufgrund des passiven Widerstands der Frau und der Unterstützung von Freunden konnte die Abschiebung damals erfolgreich verhindert werden. Die Schikanen sind aber noch nicht zu Ende, ein Bleiberecht bis heute nicht erreicht.
Die Stadt Darmstadt mit einem grünen Oberbürgermeister hat sich gerade zur Unterstützung der Save me-Kampagne entschieden. Gleichzeitig betreibt das grün-geführte Regierungspräsidium eine zutiefst inhumane Flüchtlingspolitik.
Alle Beteiligten tragen die Verantwortung für ihr Handeln und die Folgen, die dieses für die betroffenen Menschen hat.
Das Ziel dieser skandalösen Abschiebepraxis ist offensichtlich Abschreckung. Denn immer mehr Flüchtlinge widersetzen sich den sog. Dublin-Abschiebungen, immer mehr Flüchtlinge organisieren sich selbst gegen rassistische Ausgrenzung und Entrechtung und kämpfen für ihr Recht auf Bewegungsfreiheit an den inneren und äußeren Grenzen der EU.
Wir fordern ein Ende der inhumanen Rück- und Abschiebungen – Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle!
Kundgebung und Demonstration am 09.10.2014 um 16 Uhr vor dem Regierungspräsidium Darmstadt, Wilhelminenstr.1-3, Darmstadt
Ausstellungen und Informationen auf dem Mathildenplatz am 09.10.14 ab 10 Uhr, Vokü ab 18 Uhr
Download: FlugblattAufruf-RP-2014-DA.pdf (1.2 MB)