Dienstag, den 24.04.2018
Trotz katastrophaler Sicherheitslage in Afghanistan ist heute Abend der nächste Abschiebeflug von Düsseldorf in die afghanische Hauptstadt Kabul. Die Menschen an Bord werden in teils lebensgefährliche Zustände zurückgeschickt: erst am Wochenende kamen bei einem Anschlag in Kabul mindestens 57 Menschen ums Leben. Proteste gibt es heute bundesweit, auch in Frankfurt.
Auf dem Eisernen Steg hängt ein großes Banner mit der Aufschrift „Afghanistan is not safe – Abschiebungen stoppen“ über dem Main. Die Pressesprecherin vom hessenweiten Afghan Refugees Movement sagt: “Wir fordern die deutsche Regierung dazu auf, dieses Lügenspiel zu beenden. Alle wissen, dass in Afghanistan Krieg herrscht. Die Abschiebungen dorthin müssen sofort aufhören und den Afghanen muss ein Bleiberecht in Deutschland zuerkannt werden. Seit zwei Jahren demonstrieren wir dafür und wir werden nicht aufgeben, bis alle Abschiebungen eingestellt werden.“ Seit Beginn der regelmäßigen Sammelabschiebungen im Dezember 2016 von deutschen Flughäfen nach Kabul protestieren Menschrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und Geflüchtetenorganisationen lautstark gegen die Entscheidung der Bundesregierung. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, erklärt: “Wir halten diesen Abschiebeflug für unverantwortlich. Wir fordern erneut aktuelle Lageberichte des Auswärtigen Amtes zu
Afghanistan.”
Seit September 201 7 gilt laut des bayerischen Innenministeriums, dass nur „Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätsverweigerer“ abgeschoben werden sollen. Diese Formulierung dient dazu, durch heraufbeschworene Drohszenarien Abschiebungen zu legitimieren. Sie ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Als Straftäter gilt bereits eine Person, die zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt wurde. Hierfür reicht beispielsweise bereits das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein. Wer als „hartnäckiger Identitätsverweigerer“ gilt, bleibt Auslegungssache derAusländerbehörden.
Dass die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin katastrophal ist, belegen zahllose Berichte. Sie widersprechen der Mär der „sicheren Gebiete“. Eine eigene Recherche der britischen BBC hat ergeben, dass rund 70 Prozent Afghanistans von den Taliban bedroht seien. Die UNOCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) stellt Ende 2017 eine Ausweitung der Konflikte und Kämpfe in Afghanistan fest, die – so ihre Einschätzung – das Leben dort auch 2018 dominieren werden. Im weltweiten Risikoindex gehört Afghanistan seit drei Jahren ununterbrochen zu denjenigen fünf Ländern, die das höchste Risiko für humanitäre Krisen weltweit aufweisen (INFORM index for risk management).
Menschen in Afghanistan können überall Opfer von Kampfhandlungen, Anschlägen und Verfolgung werden. Es gibt keine Gebiete in Afghanistan, die auf Dauer sicher sind. Viele der abgeschobenen Afghanen fliehen deshaĺb erneut. Seit Dezember 2016 hat Deutschland 198 Afghanen nach Kabul abgeschoben. Die Proteste werden weitergehen.
Bei Fragen können Sie sich gerne an Sarmina Stuman von Afghan Refugees Movement unter afghanrefugees@outlook.de wenden.
Weiterführende Informationen finden Sie auch hier:
https://www.proasyl.de/thema/unsicheres-afghanistan/
http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/tl_files/2017/PDF%20Dokumente%202017/Warnhinweise
%20Afghanistan_Stand%20%20Dez%202017.pdf