Protest gegen die Sammelabschiebung in Frankfurt, 02.10.2018
Stop Deportations to Afghanistan!
Heute findet die 17. Sammelabschiebung nach Afghanistan statt. Die Abschiebungen hatten trotz starkem Protest im Dezember 2016 begonnen. Seitdem wurden 366 afghanische Geflüchtete abgeschoben. Im Juni war die Beschränkung, dass nur Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer abgeschoben würden wieder aufgehoben worden. Die Bundesländer verfahren seitdem unterschiedlich in ihrer Abschiebepraxis. Besonders Bayern fällt unter der CSU und dem Einfluss von Bundesinnenminister Horst Seehofer durch eine besonders rigorose Abschiebepraxis auf, die alle vollziehbar ausreisepflichtigen Afghanen betrifft.
Zunehmend gewaltsame Abschiebepraxis
Unter den Abgeschobenen befinden sich zunehmend schwer kranke oder suizidgefährdete Menschen. Im September wurden zwei Menschen in Abschiebehaft genommen, um nach Afghanistan abgeschoben zu werden, von denen einer einen künstlichen Darmausgang hat und der andere kurz nach einer Operation noch nicht verheilte Wunden am Bauch hatte. Bei beiden ist unklar, ob sie in Afghanistan gesundheitlich versorgt werden können. Ein im Juli abgeschobener junger Mann beging 10 Tage nach seiner Abschiebung Suizid in einem Hotel in Kabul. Er hatte zuvor 8 Jahre in Deutschland gelebt. Wie in so vielen Fällen hatte seine Familie ihn nach Deutschland geschickt, um der Rekrutierung durch die Taliban zu entgehen. Der Anwalt Stephan Dünnwald berichtet von einem Fall, in dem ein Mann während eines stationären Aufenthaltes in der Psychiatrie direkt an die Polizei ausgeliefert wurde. Ein weiterer Mann, der sich selbst verletzt hatte, wurde notdürftig versorgt und dann direkt in den Abschiebeflieger gesetzt.
Die Abschiebungen treffen Menschen, die sich seit Jahren in Deutschland befinden oder mitten im Prozess sind, sich hier ein sicheres Leben aufzubauen. Darunter sind Auszubildende, Berufsschüler und Menschen in festen Arbeitsverhältnissen, Menschen in Beziehungen und werdende Väter.
Um einer möglichen Abschiebung zu entgehen, fliehen derzeit hunderte Afghanen in andere EU-Länder. Ihre rechtliche und soziale Lage ist damit mehr als prekär und immer mehr Menschen werden in die Illegalität getrieben.
Keine sicheren Gebiete in Afghanistan
Nach der UN gilt Afghanistan als eines der gefährlichsten Länder der Welt. Im ersten Halbjahr 2018 wurden mindestens 1692 Zivilist*innen getötet. Die Zahl der Opfer erreichte damit seit den im Jahr 2009 begonnenen Aufzeichnungen ihren Höchststand. In einem Bericht stellte der UNHCR Ende August fest, dass Kabul, welches Ziel der Abschiebeflüge ist, nicht länger als sicherer Ort und damit nicht als interne Fluchtalternative gelten kann. Ein im Juli abgeschobener Mann berichtete einen Monat später von bereits drei Attentaten in Kabul seit seiner Abschiebung.
Viele der Abgeschobenen haben in Afghanistan keine Familie mehr und erhalten kaum soziale Unterstützung. Auch für internationale Hilfsorganisationen wird die Lage zunehmend gefährlicher. In den ersten 5 Monaten des Jahres 2018 gab es 53 Fälle von Tötungen, Verletzten oder Entführungen. Für Journalist*innen gilt Afghanistan mittlerweile noch vor Syrien als eines der gefährlichsten Länder weltweit. Bereits 13 Journalist*innen sind dieses Jahr während ihrer Berichterstattungen umgekommen.
Stop deportations and stop making fear!
An den Abschiebungen nach Afghanistan manifestiert sich die unmenschliche Abschiebepraxis der Bundesregierung, die damit inmitten der Öffentlichkeit in Kriegsgebiete abschiebt. Abschiebungen nach Afghanistan und andere Länder müssen mit sofortiger Wirkung gestoppt werden.
Alle bleiben!
Bis dahin noch einmal der dringliche Hinweis die Sicherheitshinweise vom bayrischen Flüchtlingsrat zu verbreiten und alle gefährdeten Afghanen zu warnen und zu unterstützen:
Quellen:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/afghanistan-abschiebung-kritik-asylpolitik-deutschland
https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-675.html
https://www.n-tv.de/politik/Familie-beerdigt-Afghanen-Jamal-M-article20532318.html