Mit einem offenen Brief ruft u.a. noborder frankfurt Pädagog*innen dazu auf, für und mit ihren Schüler*innen ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen und das Explora Science Center in Frankfurt nicht mehr zu besuchen:
Frankfurt, 27. Januar 2016
Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer, Kolleginnen und Kollegen,
liebe Schülerinnen und Schüler,
am 10. Januar 2016 lasen wir in den Sozialen Medien und der Presse, dass sich der Gründer und Museumsleiter des Explora Science Centers, Gerhard Stief, über Jahre hinweg mehrfach in schlimmster Weise rassistisch äußerte (Frankfurter Rundschau am 10.01.2016 „Rassistische Tweets des Explora-Chefs“). Seine Wortwahl und Aussagen hetzen gegen geflüchtete Menschen und strotzen vor menschenverachtenden Vorurteilen und rassistischen Bildern, sodass wir diese hier nicht wiedergeben möchten. Da Herr Stief sich nicht als private Person in dieser Weise äußerte, sondern willentlich den öffentlichen Twitter-Account des Museums nutze – wahrscheinlich um so viele Menschen wie möglich für seine menschenverachtende Meinung zu erreichen – ist er in diesem Kontext auch nicht als private Person zu kritisieren oder wahrzunehmen. Seine Person muss dementsprechend öffentlich angegangen werden.
Das nicht-städtische Explora Science Center dient dem Wissenszuwachs und integrativem Lernen. Ein zunächst schöner und pädagogisch wertvoller Ansatz, doch da sich nun der Besitzer als offen proklamierender Rassist herausgestellt hat, muss die Öffentlichkeit – und damit wir alle – mit einem klaren Zeichen gegen Rassismus reagieren. Wir begrüßen, dass sich die Stadt Frankfurt bereits vom Museum distanziert hat und das Bildungsdezernat in Kenntnis gesetzt wurde; gerade in einer Zeit, die geprägt ist von einem Rechtsruck in der Gesellschaft, ist es umso notwendiger klare Statements gegen Rassismus und kulturalistische Diskriminierung zu setzen (Frankfurter Rundschau am 11.01.2016 „Stadt distanziert sich von Explora“).
Unterkünfte für Geflüchtete werden in Deutschland derzeit tagtäglich angegriffen und zwar nicht nur in Sachsen, sondern auch hier in Hessen, in der unmittelbaren Umgebung von Frankfurt. Es sind leider keine neuen, aber dennoch alarmierende Beispiele, die umso mehr beweisen, dass wir verhindern müssen, dass Rassistinnen und Rassisten für ihre Hetze einen Platz in der Öffentlichkeit finden – wie auch im Falle von Gerhard Stief.
Vor allem müssen wir in dieser Zeit für Kinder und Jugendliche wertvolle antirassistische Leitbilder vorgeben und sie gemäß der pädagogischen Verpflichtung zu toleranten und weltoffenen Menschen erziehen. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der auf eine rassistische Stimme hunderte Gegenstimmen ertönen. Es gab bereits eine Kundgebung am 14. Januar vor dem Explora Science Center, doch damit sollte der Protest nicht enden, sondern er sollte sich verankern in einem Boykott des Museums (Frankfurter Rundschau am 14.01.2016 „Demo gegen Explora-Chef“).
Aus diesem Grund möchten wir alle Schulen dazu aufrufen, das Explora Science Center nicht mehr zu besuchen, um klar zu zeigen, dass eine derartige Meinung nicht toleriert wird. Alle Kinder sollten bei einem Museumsbesuch als Individuen respektiert werden und eine wertschätzende Atmosphäre erleben, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer Religion, ihrer Herkunft oder ihrem Aussehen.
Wir treten mit diesem Schreiben an Sie heran, um Sie zu bitten, in Zukunft andere Museen und Ausflugsziele, welche die kulturelle Bildung fördern, auszuwählen. Als angehende Sozialarbeiter*innen und Pädagog*innen, Lehramtsstudierende und Erziehungswissenschaftler*innen u.a. appellieren wir an alle Schulen in Frankfurt und Umgebung, rassistischer Hetze entgegenzutreten, um die Schulen als einen von jeglicher Diskriminierung geschützten Raum für Kinder und Jugendliche zu bewahren.
Wir bedanken uns für Ihr Verständnis und ihre Bemühungen!
Mit freundlichen Grüßen,
noborder frankfurt
Bildungskollektiv Bleiberecht
Arbeitskeis 2. Stock der Initiative Faites votre jeu! im ehem. Polizei- und Abschiebegefängnis Klapperfeld