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Erneute Ermittlungen zum Tod von Matiullah J. in Fulda

#WasGeschahMitMatiulla?

#WasGeschahMitmatiullah

Beschwerde des Bruders von Matiullah J. gegen Einstellung der Ermittlungen erfolgreich

Die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt hat am gestrigen Montag, den 10. August, der Beschwerde des Bruders von Matiullah gegen die Einstellung der Ermittlungen gegen den Polizisten, der die tödlichen Schüsse abgab, stattgegeben. Die Staatsanwaltschaft in Fulda muss nun die Ermittlungen wieder aufnehmen. Die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt rügt damit die scheinbar ungenau geführten Ermittlungen in Fulda und beim LKA Hessen. Dass dem Einspruch von Matiullahs Bruder stattgegeben wurde, verweist darauf, dass es in den Ermittlungen erhebliche Fehler oder Versäumnisse gegeben haben muss. Einsprüchen gegen die Einstellung von Ermittlungen wird nur in sehr seltenen Fällen stattgegeben, insbesondere wenn es sich um Ermittlungen gegen Polizist*innen handelt.

Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt legt nahe, dass in der Begründung zur Einstellung des Verfahrens Widersprüche aufgetaucht sind, wichtige Sachverhalte nicht ausermittelt wurden oder dass es neue Anhaltspunkte gibt, aufgrund derer die Ermittlungen fortgeführt werden müssen. Sofern der Beschwerde nicht wegen neuer Anhaltspunkte stattgegeben wurde würde es bedeuten, dass die Ermittlungen in Fulda nicht nur höchst intransparent geführt, sondern hierbei auch grobe Fehler gemacht wurden. Die Motivation, die tödlichen Schüsse auf Matiullah aufzuklären, kann demnach auf Seiten der Justiz und Polizei in Fulda offensichtlich als gering eingestuft werden.

Ermittlungen zu Polizeigewalt – ein systemisches Problem

Es wurde immer wieder kritisiert, dass die Polizei in Fällen von potentieller Polizeigewalt gegen sich selbst ermittelt. Dass die Beamt*innen des LKA Hessen in ihren Ermittlungen gegen ihre Kolleg*innen in Fulda durch ihre institutionelle Nähe nicht voreingenommen sein sollen, ist kaum denkbar, und auch die Staatsanwaltschaft steht in ihrer täglichen Arbeit mit der Polizei den Beschuldigten viel zu nahe. Aus diesem Grund werden seit Jahren unabhängige Stellen zur Aufarbeitung von potentieller Polizeigewalt und strukturellem Rassismus gefordert. Kürzlich hat die taz beispielsweise “24 Todesfälle in Gewahrsam” untersucht, in denen es um von rassismus betroffene Personen geht. Insbesondere nach dem Bekanntwerden des hessischen Polizeiskandals bzw. des NSU 2.0 erscheinen solche Stellen dringender denn je. Auch im Polizeipräsidium Osthessen gab es im Zuge des hessischen Polizeiskandals Fälle in denen Nazis in der Behörde aufgeflogen sind.

Die Fuldaer Polizei und Staatsanwaltschaft waren zuletzt in die Kritik geraten, weil sie mit strafrechtlichen Repressionen gegen Demonstrant*innen, Kritiker*innen und Aktivist*innen vorgingen, nachdem diese Aufklärung im Fall gefordert hatten. Doch der Versuch die Öffentlichkeit zum Schweigen zu bringen und kritische Nachfragen zu unterbinden ist gescheitert und hat stattdessen die bundesweite Aufmerksamkeit für den Fall verstärkt.

Wir bleiben Wachsam – Der Kampf für Aufklärung geht weiter

Wir unterstützen weiterhin die Forderungen nach einer unabhängigen Aufklärung von Matiullahs Tod. Zum Dritten Mal nimmt die Staatsanwaltschaft nun die Ermittlungen auf. Damit hat sie zum dritten Mal die Chance transparente und ausgiebige Untersuchungen anzustellen.

Zu oft haben wir erlebt wie Ermittlungen nach tödlichen Einsätzen der Polizei eingestellt, Täter*innen geschützt und entschuldigt wurden. Mit Oury Jalloh, Adel B., Aman Alizada oder Mehmet B. sind nur einige Fälle genannt. Wir werden wachsam bleiben und nicht aufhören Druck auf die ermittelnden Behörden auszuüben. Wir danken dem Afghan Refugees Movement und allen Unterstützer*innen, die die Aufklärung weiterhin ermöglichen und damit die Erinnerung an Matiullah erhalten.

#WasGeschahMitmatiullah – Zweiter Todestag von Matiullah J.

Am 13. April 2020, dem zweiten Todestag von Matiullah, haben wir gemeinsam mit dem Afghan Refugees Movement unter dem Motto #WasGeschahMitMatiullah eine unabhängige Aufklärung gefordert.

Redebeiträge und Unterstützung kamen von CopWatch Leipzig, CopWatch FFM und der Initiative Oury Jalloh, sowie dem Medienkollektiv Frankfurt.

#WasGeschahMitmatiullah

Am 13.04.2018 wurde Matiullah Jabarkhil in Fulda von Polizist*innen erschossen. Anstatt eine unabhängige Aufklärung zu ermöglichen scheinen Polizei und Justiz seitdem vor allem mit Repression gegen Demonstrant*innen und Kritiker*innen vorzugehen. Sarmina Stuman vom Afghan Refugees Movement setzt sich von Anfang an für eine unabhängige Aufklärung von Matiullahs Todesumständen ein. Anlässlich des zweiten Todestages hat das Medienkollektiv mit ihr Matiullahs Todesort in Fulda besucht:

Eine für das Wochenende vor seinem Todestag geplante 2-Personen-Demo zum Gedenken an Matiullah hatte die Stadt Fulda verboten. Wir sind empört über diesen massiven Grundrechtseingriff. Das Verbot steht in keinem Verhältnis zu den möglichen Gefahren der Aktion und die Begründung, dass von einer Versammlung von 2 Personen eine Gefahr für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, scheint vorgeschoben. Wir sind uns der Dringlichkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Corona-Virus durchaus bewusst und haben klar gemacht, dass der gebotene Mindestabstand jederzeit zwischen den zwei Personen gewahrt sein wird. Dieses Verbot ist reine Schikane und reiht sich in die Welle von Kritik und Repressionen ein, die aus Politik sowie der fuldaer Justiz und Polizei kam.

In Anbetracht des Demonstrationsverbots der Stadt Fulda, organisierten wir gemeinsam mit Afghan Refugees Movement ein Online-Gedenken. Ein Überblick findet sich in dem folgenden Thread auf Twitter:

Über die letzten Jahre geriet auch die Athmosphäre in Fulda und die harte Gangart der örtlichen Behörden und der Ton lokaler Politiker immer mehr in den Fokus der Kritik. So wurde der Vorsitzende des Ausländerbeirats in Fulda, Abdulkerim Demir beispielsweise massiv von dem Fuldaer Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU) und Bernd Woide (CDU) angegriffen. Unterstützung bekamen sie dabei aus dem Lager der rechtsextremen AfD und identitären Bewegung, die gemeinsam für eine Demo in Fulda mobilisierten. Rassismus beginnt nicht bei der AfD, er ist ebenso in der Mitte der Gesellscahft verankert. die CDU Stadtverband Fulda scheint hier ein Paradebeispiel.
Demir wird seitdem massiv bedroht und rechtsradikale Rasist*innen leben ihre Gewaltphantasien in den Mails aus. Aber auch das schert die Behörden in Fulda kaum. Der Hessische Rundfunk konnte mit wenigen Klicks Verfasser der Drohungen ausfindigmachen, etwas wozu die Fuldaer Behörden nach einer Anzeige von Demir anscheinend nicht willens waren. Das wirft ein schlechtes Licht auf die Ermittlungsbehörden und nährt die Zweifel an dem Aufklärungswillen.

Polizei und Staatsanwaltschaft machen mit ihrer harten Linie gegen alle, die die wichtige und legitime Frage stellen, warum Matiullah sterben musste und ob die tödlichen Schüsse verhältnismäßig waren, weiter. Nach der Demonstration letztes Jahr, ein Jahr nach Matiullahs Tod, hagelte es förmlich Anzeigen.  Gegen die Anmelderin, gegen Demoteilnehmende und gegen Kritiker*innen der rassistischen Kommentare und Berichterstattungen nach der Demonstration. Die Hessenschau berichtet dazu ausführlich. Scheinbar halten es viele in Fulda nicht aus, wenn bei Polizeieinsätzen kritisch nachgefragt wird, dabei ist die Kontrolle der Exekutive zentrales Element der Demokratie. Nicht auszuhalten scheinen es viele insbesondere auch nicht, dass geflüchtete Menschen und People of Color ihre Stimme erheben und mit ihren Bedürfnissen und Forderungen in die Öffentlichkeit treten.

Wir hegen weiter Zweifel an der Erzählung, es habe sich bei den tödlichen Schüssen auf Matiullah um eine Notwehr Situation gehandelt. Wir hegen Zweifel an der Untersuchung des Falles, weil die Sicherheitsbehörden hier gegen sich selbst ermitteln – auch wenn es sich um eine „unbeteiligte Stelle“ handelt – und weil institutioneller Rassismus nicht anerkannt wurde. Aus der Ermittlungsarbeit im NSU-Komplex wissen wir welch gravierende Fehleinschätzungen daraus resultieren können, als die Beamten damals vor allem gegen die Familien und Angehörigen der Opfer der rassistischen und rechtsextremen Morde ermittelten.

Wir wollen wissen #WasGeschahMitMatiullah! Warum musste Matiullah sterben?

https://vimeo.com/417143805

Um die Familie in ihrem Kampf für Gerechtigkeit insbesondere durch ein juristisches Vorgehen zu unterstützen könnt ihr hier Spenden bzw. mit dem Verwendungszweck „Matiullah“ direkt auf das Konto des Migrant Support Networks überweisen:

Migrant Support Network e.V.
DE78 4306 0967 1018 6777 00
GENODEM1GLS

#WasGeschahMitMatiullah – Aufruf zum Online-Gedenken

Matiullah wurde von der Polizei erschossen. Wir gedenken ihm und fordern eine unabhängige Aufklärung.

Dabei muss auch institutioneller Rassismus bei der Polizei und in der Justiz als Problem benannt werden.

Am 13. April 2018 wurde Matiullah J. in Fulda vor dem Flüchtlingscamp, in dem er wohnte, von der Polizei erschossen. Fünf Polizisten war es nicht möglich einen randalierenden Jugendlichen, ohne ihn zu töten, festzunehmen. Angeblich aus Notwehr wurden 12 Schüsse aus nur einer Waffe abgegeben. Vier Schüsse trafen Matiullah, zwei waren tödlich.

Nur eine Woche nach Matiullahs Tod war der Polizist, der ihn erschossen hat, wieder im Dienst. Und dies obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren. Im Frühjahr 2019 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Dann tauchte ein Video auf, das zeigte, dass entgegen der bisherigen Behauptungen der Polizei nicht nur vier, sondern fünf Polizisten am Tatort waren. Doch dies führte zu keiner weiteren Aufklärung. Bis heute ist unklar warum Matiullah mehrere hundert Meter von der Eisenhowerstraße entfernt – wo die Polizei und er zuerst aufeinander trafen – erschossen wurde. Außerdem ist unklar, warum sich der*die fünfte Zeug*in nicht von selbst gemeldet hat und warum es der Polizei nicht möglich war Matiullah festzunehmen, ohne ihn zu töten.

Anstatt jedoch an einer lückenlosen Aufklärung zu arbeiten, reagierten Polizei und Justiz mit Repressionen. Infolge der Demonstration anlässlich Matiullahs ersten Todestages wurde gegen mehrere Demonstrierende und Sympathisant*innen strafrechtlich vorgegangen. Die Behörden versuchen Kritiker*innen mundtot zu machen. Außerdem zeigen sie, dass sie sich der Problematik des institutionellen Rassismus nicht bewusst sind. In Anbetracht der Tatsache, dass der rechtsextreme Polizeiskandal 2018 auch das Polizeipräsidium in Fulda betraf und NSU 2.0 in Erscheinung trat, ist dies ein Skandal.

Mehr könnt ihr hier nachlesen: https://www.belltower.news/polizeigewalt-in-fulda-nach-12-toedlichen-schuessen-auf-fluechtling-journalisten-und-politiker-diffamieren-demonstranten-84395/?fbclid=IwAR3l6xZ0jk6Svzi9ftr0dMdvJ84HG3CEFfIxpjlBJDLaibLLu3ICrF7JoDk

Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir unterstützen weiterhin die Hinterbliebenen in ihrem juristischen Vorgehen gegen die Einstellung der Untersuchungen des Falls und halten die Erinnerung an Matiullah wach.

Anlässlich Matiullahs zweitem Todestag erneuern wir deshalb zusammen mit dem Afghan Refugees Movement unsere Forderung nach Aufklärung: unter dem Hashtag #WasGeschahMitMatiullah wollen wir Aufmerksamkeit für das Gedenken an Matiullah und die Forderung nach unabhängiger Aufklärung schaffen. Hier gehts zur Facebook-Veranstaltung.

Darum rufen wir Dich dazu auf am 13.04.2020 ein Foto oder Video von Dir mit dem Hashtag und/oder einem kurzen Beitrag zu veröffentlichen. Verlinke dabei unsere Accounts (Twitter: @noborder_ffm / FB: Afghan Refugees Movement; No Border Frankfurt).

Wenn Du die Fotos oder Videos nicht selbst veröffentlichen magst, kannst Du sie uns auch an noborderffm@riseup.net schicken und wir veröffentlichen die Fotos so wie ihr sie uns schickt.

Du Kannst auch dieses Foto ausdrucken und bei Dir in der Stadt aufstellen:

Lasst uns gemeinsam die Erinnerung an Matiullah wach halten und institutionellem Rassismus entgegentreten.

Spendenaufruf:

Um die Anwaltskosten und Kosten für ein unabhängiges Gutachten stemmen zu können, sind wir auf eure Spenden angewiesen. Das Migrant Support Network sammelt dafür Spenden. Bitte beteiligt euch, damit wir auch weiter an dem Fall dran bleiben können, denn dies ist kein Einzelfall.

Hier gehts zum Spendenaufruf bei Betterplace.

Oder ihr Spendet direkt unter dem Verwendungszweck „Matiullah“ an:

Migrant Support Network e.V.

DE78 4306 0967 1018 6777 00

GENODEM1GLS