Am 13. April 2020, dem zweiten Todestag von Matiullah, haben wir gemeinsam mit dem Afghan Refugees Movement unter dem Motto #WasGeschahMitMatiullah eine unabhängige Aufklärung gefordert.
Redebeiträge und Unterstützung kamen von CopWatch Leipzig, CopWatch FFM und der Initiative Oury Jalloh, sowie dem Medienkollektiv Frankfurt.
Am 13.04.2018 wurde Matiullah Jabarkhil in Fulda von Polizist*innen erschossen. Anstatt eine unabhängige Aufklärung zu ermöglichen scheinen Polizei und Justiz seitdem vor allem mit Repression gegen Demonstrant*innen und Kritiker*innen vorzugehen. Sarmina Stuman vom Afghan Refugees Movement setzt sich von Anfang an für eine unabhängige Aufklärung von Matiullahs Todesumständen ein. Anlässlich des zweiten Todestages hat das Medienkollektiv mit ihr Matiullahs Todesort in Fulda besucht:
Eine für das Wochenende vor seinem Todestag geplante 2-Personen-Demo zum Gedenken an Matiullah hatte die Stadt Fulda verboten. Wir sind empört über diesen massiven Grundrechtseingriff. Das Verbot steht in keinem Verhältnis zu den möglichen Gefahren der Aktion und die Begründung, dass von einer Versammlung von 2 Personen eine Gefahr für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, scheint vorgeschoben. Wir sind uns der Dringlichkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Corona-Virus durchaus bewusst und haben klar gemacht, dass der gebotene Mindestabstand jederzeit zwischen den zwei Personen gewahrt sein wird. Dieses Verbot ist reine Schikane und reiht sich in die Welle von Kritik und Repressionen ein, die aus Politik sowie der fuldaer Justiz und Polizei kam.
In Anbetracht des Demonstrationsverbots der Stadt Fulda, organisierten wir gemeinsam mit Afghan Refugees Movement ein Online-Gedenken. Ein Überblick findet sich in dem folgenden Thread auf Twitter:
Wir gedenken heute dem vor zwei Jahren von Polizisten in @Fulda getöteten Matiullah J.
Heute werden wir gem. mit dem Afghan Refugees Movement Videobeiträge und Fotos von all jenen veröffentlichen die eine unabhängige Aufklärung seines Todes fordern. pic.twitter.com/2pmWakWelk
— NoBorder_Ffm (@noborder_ffm) April 13, 2020
Über die letzten Jahre geriet auch die Athmosphäre in Fulda und die harte Gangart der örtlichen Behörden und der Ton lokaler Politiker immer mehr in den Fokus der Kritik. So wurde der Vorsitzende des Ausländerbeirats in Fulda, Abdulkerim Demir beispielsweise massiv von dem Fuldaer Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU) und Bernd Woide (CDU) angegriffen. Unterstützung bekamen sie dabei aus dem Lager der rechtsextremen AfD und identitären Bewegung, die gemeinsam für eine Demo in Fulda mobilisierten. Rassismus beginnt nicht bei der AfD, er ist ebenso in der Mitte der Gesellscahft verankert. die CDU Stadtverband Fulda scheint hier ein Paradebeispiel.
Demir wird seitdem massiv bedroht und rechtsradikale Rasist*innen leben ihre Gewaltphantasien in den Mails aus. Aber auch das schert die Behörden in Fulda kaum. Der Hessische Rundfunk konnte mit wenigen Klicks Verfasser der Drohungen ausfindigmachen, etwas wozu die Fuldaer Behörden nach einer Anzeige von Demir anscheinend nicht willens waren. Das wirft ein schlechtes Licht auf die Ermittlungsbehörden und nährt die Zweifel an dem Aufklärungswillen.
Polizei und Staatsanwaltschaft machen mit ihrer harten Linie gegen alle, die die wichtige und legitime Frage stellen, warum Matiullah sterben musste und ob die tödlichen Schüsse verhältnismäßig waren, weiter. Nach der Demonstration letztes Jahr, ein Jahr nach Matiullahs Tod, hagelte es förmlich Anzeigen. Gegen die Anmelderin, gegen Demoteilnehmende und gegen Kritiker*innen der rassistischen Kommentare und Berichterstattungen nach der Demonstration. Die Hessenschau berichtet dazu ausführlich. Scheinbar halten es viele in Fulda nicht aus, wenn bei Polizeieinsätzen kritisch nachgefragt wird, dabei ist die Kontrolle der Exekutive zentrales Element der Demokratie. Nicht auszuhalten scheinen es viele insbesondere auch nicht, dass geflüchtete Menschen und People of Color ihre Stimme erheben und mit ihren Bedürfnissen und Forderungen in die Öffentlichkeit treten.
Wir hegen weiter Zweifel an der Erzählung, es habe sich bei den tödlichen Schüssen auf Matiullah um eine Notwehr Situation gehandelt. Wir hegen Zweifel an der Untersuchung des Falles, weil die Sicherheitsbehörden hier gegen sich selbst ermitteln – auch wenn es sich um eine „unbeteiligte Stelle“ handelt – und weil institutioneller Rassismus nicht anerkannt wurde. Aus der Ermittlungsarbeit im NSU-Komplex wissen wir welch gravierende Fehleinschätzungen daraus resultieren können, als die Beamten damals vor allem gegen die Familien und Angehörigen der Opfer der rassistischen und rechtsextremen Morde ermittelten.
Wir wollen wissen #WasGeschahMitMatiullah! Warum musste Matiullah sterben?
Um die Familie in ihrem Kampf für Gerechtigkeit insbesondere durch ein juristisches Vorgehen zu unterstützen könnt ihr hier Spenden bzw. mit dem Verwendungszweck „Matiullah“ direkt auf das Konto des Migrant Support Networks überweisen:
Migrant Support Network e.V.
DE78 4306 0967 1018 6777 00
GENODEM1GLS